Beim heutigen Nextpertsfrühstück sprach Christian Kuhna, früher Pressesprecher für elektronische Medien und seit Dezember 2005 für
Corporate Messages bei Siemens verantwortlich, über das Thema "Weblogs in der internen Kommunikation
- Mitarbeiter und CEO Weblogs im Einsatz".
In seinem Vortrag ging Kuhna ganz offen auf die PR-Krise bei Siemens ein, die dadurch ausgelöst worden ist, dass Spiegel Online die negativen
Kommentare im CEO Blog von Klaus Kleinfeld in einem Dossier zusammengestellt hat, um zu belegen, wie unglücklich die Siemens-Mitarbeiter mit der Erhöhung der Vorstandsbezüge waren. Diese Story wurde im Zusammenhang mit der Insolvenz der ehemaligen Siemens-Handysparte von BENQ von Seiten der Öffentlichkeit ziemlich kritisch aufgenommen und von zahlreichen anderen Medien zitiert. Die Frage, wie Siemens weiterhin mit seinem CEO Blog und der Kommunikationspolitik dazu umgeht, war demnach naheliegend.
Kuhna betonte jedoch, dass Kleinfeld nach dem Vorfall allen Mitarbeitern in seinem CEO-Blog persönlich mitteilte, dass ein negativer Kommentar innerhalb seines Blogs zu keinen negativen Konsequenzen, wie Kündigung oder ähnliches führen werde. Er legt weiterhin viel Wert auf eine offene und transparente Kommunikation. Das CEO-Blog von Kleinfeld werde deshalb weitergeführt. Allerdings beschreibt Kuhna es auch als "einen Kanal, der uns eine offene Flanke bietet", was letztendlich auch bedeutet, "dass man als bloggendes Unternehmen manchmal Unangenehmes hinnehmen muss."
Kuhna ging in seinem Vortrag zudem auf das interne Projekt "Blog100", das seit Mitte Juli bei Siemens weltweit läuft. Dadurch können Siemens-Mitarbeiter im Intranet bloggen. Auf diese Weise kann sich eine Forschungsgruppe, deren
Mitglieder weltweit verstreut sind, schnell und einfach in einem
eigenen Gruppenblog zu den relevanten Forschungsergebnissen austauschen
und durch die ungefilterte direkte Kommunikation schnellere
Lösungsansätze finden. Seit dem Start des Projektes gibt es zurzeit 262 interne Weblogs mit bisher ca. 1.000 Postings und rund 2 000 Kommentaren.
Auf die Frage, ob die Inhalte der Blogbeiträge der Siemens-Mitarbeiter von der Kommunikationsabteilung untersucht werden, ging Kuhna ausführlich ein. Dies sei zwar der Fall, jedoch gehe es dabei nicht um die Suche nach negativen Beiträgen, sondern vielmehr um den
Aspekt, "welche
Themen in den Blogs kommuniziert werden, was wiederum auf die Relevanz einzelner
Issues im Unternehmen schließen lässt".
In der anschließenden Diskussion in der Nextperts-Runde diskutierten wir über den Einfluss von Blogs auf Unternehmen und erhielten von dem Siemens-Kommunikator einen vielversprechenden Ausblick auf die Web 2.0-Zukunft. Dabei erklärte Kuhna, was sich inzwischen in der Kommunikation grundsätzlich verändert habe. Es sei möglich, dass die Stimme eines 14-Jährigen Programmierers aus Australien beinahe das gleiche Gewicht erhält wie die Stimme eines Wirtschaftsredakteurs in einer Tageszeitung. Denn die Rezipienten würden kaum mehr unterscheiden, wer einen Beitrag geschrieben hat. Durch den hohen Zeitdruck seien Journalisten oftmals dazu genötigt, möglichst schnell ein Thema zu recherchieren und zu publizieren. Da die Suchmaschinen sowohl die Beiträge des bloggenden Programmierers aus Australien als auch den des Wirtschaftsredakteur anzeigen, verschiebt sich die Relevanz einzelner Beiträge um ein Vielfaches.
In seinem abschließenden Fazit, erläuterte Kuhna, dass Blogs seiner Meinung nach immer mehr an Bedeutung für die PR gewinnen werden. Durch die zunehmende Vernetzung von Lebensumgebungen könnten sich große Unternehmen dieser Entwicklung schon heute kaum mehr entziehen.
So ist es auch nicht verwunderlich, dass das Projekt "Blog 100" nach den 100 angesetzten Testtagen in irgendeiner Form weiterlaufen wird. Derzeit wird bei Siemens diskutiert, einige interne Blogger gezielt anzusprechen und diese auch extern für Siemens bloggen zu lassen.
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Verena Schmunk
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