Die meisten Firmen sind auf die Herausforderungen des Internet schlecht vorbereitet. Dies ist eine zentrale These von Elisabeth Albrycht, die sie während der internationalen EuroBlog-Konferenz in Stuttgart am Wochenende zur Diskussion stellte (Albrycht-Präsentation (pdf). "Während bisher Unternehmen bestimmten, wann und wie sie mit ihren Stakeholdern kommunizieren, so tauschen diese sich heute untereinander aus, und sie sprechen sogar zum Unternehmen zurück", beschrieb Albrycht, Mitgründerin der Society for New Communications Research, die Herausforderung für die Unternehmenskommunikation. Aus ihrer Sicht können Unternehmen dies nicht ignorieren, sondern müssen Teil kommunikativer (und sozialer) Netzwerke im Internet werden.
Erfolgreich funktioniere diese jedoch nur, wenn ein Unternehmen nicht nur seine Grenzen öffnet, sondern, wenn es bereit ist, die relevanten Netzwerke zu bereichern. Das könnten öffentlich zugängliche Archive sein, Brancheninformationen, aber auch geistiges Eigentum. Nicht genannt, aber aus meiner Sicht nicht zu unterschätzen, ist auch die Unterhaltung: Einen witzigen Videoclip oder einen unterhaltsam-interessanter Podcast würde ich ebenfalls als Bereicherung für eine bestimmte Community sehen.
Damit dürfte klar sein, dass zum Beispiel Corporate Weblogs, Pod- oder Vodcasts nur funktionieren, wenn ihnen ein klares inhaltliches Konzept zu Grunde liegt. Dazu genügt aus meiner Sicht nicht, ständig nur vom eigenen Unternehmen zu schreiben. Dr. Ansgar Zerfaß, Organisator der Tagung, betonte jedoch, dass der Einsatz von Social Software in der Online-PR kein automatischer Heilsbringer sei, sondern situativ und strategisch eingesetzt werden sollte (Zerfaß-Präsentation (pdf). Anhand einer Matrix, in der er Geschäftsstrategie und öffentliche Wahrnehmung aufspannt, zeigte er, dass ein unterschiedlicher Umgang zum Beispiel mit Blogs sinnvoll ist. Ein Beispiel: Strebt ein Unternehmen die Kostenführerschaft in seinem Marktsegment an und wird seine Marke öffentlich sehr stark wahrgenommen, so ist Blogmonitoring zur Vermeidung von Reputationsverlusten wichtiger als selbst ein Corporate Blog einzurichten. Verfolgt dagegen ein Unternehmen eine Differenzierungsstrategie und verfügt über einen Insiderbrand, so kann ein Corporate Blog die Kommunikation sinnvoll unterstützen.
Allerdings zeigten detailliertere Ergebnisse der Studie EuroBlog 2006 (EuroBlog-Präsentation (pdf), an der sich fast 600 PR-Praktiker aus 33 europäischen Ländern beteiligten, dass es mit strategischen Überlegungen zum Einsatz von Corporate Blogs noch nicht sehr weit her ist: Befragt nach den wichtigsten Chancen von Corporate Blogs zeigte sich, dass die Chance auf Dialog mit den Stakeholdern und das Issues Monitoring als am wenigsten wichtig gesehen werden. Statt dessen böten Corporate Blogs vor allem die Möglichkeit, als innovativ wahrgenommen zu werden. Frei nach dem Motto: Blogs sind cool, ich will auch mitspielen - womit sich Elisabeths These bestätigt.
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