Fast jede PR-Agentur in Deutschland bietet auf ihren eigenen Internetseiten den Versand von professionellen Pressemitteilungen an. Trotz einer fast unüberschaubaren Zahl von Ratgebern in Buchform, ereilen meinen Posteingang wöchentlich immer noch bemerkenswert unprofessionelle Verlautbarungen. Eine kleine Auswahl der vergangenen Woche:
- Da veröffentlicht ein Verlagshaus eine Vorschau seiner aktuellen Buchtitel. Der PR-Redakteur hat sich sogar die Mühe gemacht, ein Feld zur Anforderung eines Rezensionsexemplars in seine Mail zu einzubauen. Schade, dass sich die Felder nicht wirklich ausfüllen lassen, es sei denn, Sie könnten mit einem Kugelschreiber ein Kreuzchen in der Nachricht machen. Wer auf 'Antworten' klickt, verliert dann vollends den Spaß. Das Layout der Nachricht ist zum Teufel und die Felder so verschoben, dass der Empfänger nicht sicher sein kann, dass gewünschte Exemplar zu bestellen. Eine solche Mitteilung spart keine Arbeit, sondern macht welche. Besser: Einen Link auf ein Bestellformular. Für findige Webentwickler in 1 Stunde erledigt.
- Die PR-Agentur des Herstellers eines Prepress-Tools informiert über eine neue technische Lösung. Ein Klassiker: 'Bitte beachten Sie die angehängte Pressemitteilung'. Als Dateianhang ein PDF mit dem eigentlichen Text. Im Zweifel ist das ein Mausklick zu viel. Es sei noch mal allen Kollegen ins Stammbuch geschrieben: Bitte keine Pressemitteilung in Form eines Dateianhangs. Haben Journalisten explizit solchen Anhängen zugestimmt, ist der Versand natürlich legitim, unaufgefordert sollten Sie es nicht tun. Es gibt auch strikt reglementierte Mailaccounts, die Dateianhänge zunächst mal feinsäuberlich zurückweisen.
- Anrede in der Mitteilung eines Zeitplanbuchherstellers: 'Lieber <Vorname> <Nachname>'. Ups, das üben wir wohl lieber noch einmal. Die meisten Programme für den Newsletterversand kennen so etwas wie eine Vorschaufunktion! Schon mal gesehen?
- Neuigkeiten einer auf IT (!) spezialisierten Agentur mit News ihres Kunden von der IFA. Tolles Layout, nur leider komplett in HTML geschrieben. Schade, dass ich meinem Mailprogramm aus Sicherheitsgründen das Laden von Bildern aus dem Internet verboten habe. Da blieb dann nur eine Bleiwüste übrig. Generell ist es immer eine gute Idee, Mitteilungen im Mixed Mode zu versenden. Bei HTML hat der eine oder andere Empfänger durchaus mal Skrupel, diese auch zu öffnen.
- Last but not least: Ein völlig verstümmelter Text mit falschen Umlauten. Klar sind Macs cool und in vielen Redaktionen stehen auch welche. Aber eben nicht überall. Bevor eine PM rausgeht, vielleicht mit dem Systemadmin kontrollieren, ob ein gebräuchlicher Zeichensatz verwendet wird. UTF-8 ist zum Beispiel (noch) keine so gute Idee.
Bei so vielen Fehlern (und ich stehe noch nicht einmal auf sehr vielen Verteilern) ist es vielleicht doch nicht so verwunderlich, dass einige Produktneuheiten und Unternehmensnachrichten im virtuellen Raum einfach ungehört verschallen.
Stephan Lamprecht, Redaktionsbüro Lamprecht