Wie heute bekannt wurde, soll im Februar erstmals in der Rheinischen Post das Magazin "Opinio" als Beilage erscheinen. Bereits im Dezember erschien eine Null-Nummer von Opinio, wie vom Medienrauschen kommentiert. Nun soll das "erste Leser-Magazin" Deutschlands im zweiwöchentlichen Turnus der RP beigelegt werden. Opinio wird versuchen die Kultur der Weblogs und die Schreibweise der Blogger auf ein Printmedium zu übertragen - so die Pressemitteilung. Außerdem soll es sogar ein kleines Autorenhonorar für einige Blogger geben.
Doch ist das Printprodukt nicht ein Widerspruch in sich? Zeichnen sich Weblogs nicht gerade durch ihre hohe Aktualität und Hypermedialität aus, die ein Printmedium eben nicht bieten kann? Moe´s Plastic Thinking sieht das deshalb eher kritisch:
"...zwar eine Art Leser-Magazin ist, für mich aber nicht viel mit "klassischem" Bloggen zu tun hat. Beispielsweise verzichtet es meines Wissens nach komplett auf externe Hyperlinks. Was den Vorteil hat, daß man es besser drucken kann, wie wir schon von einigen Buchbloggern wissen."
Die RP über Opinio selbst:
"OPINIO ist ein crossmediales Medium, in dem ausschließlich Leser für Leser schreiben. OPINIO besteht aus einem Internetportal, das den Lesern die Möglichkeit bietet, eigene Berichte, Geschichten, Fotos etc. zu veröffentlichen. Bei OPINIO können sich Menschen informieren, austauschen, über sich erzählen und miteinander in Kontakt treten. Besonders spannende, unterhaltsame und interessante Beiträge der OPINIO-Webseite werden im OPINIO-Magazin veröffentlicht. Dieses Magazin liegt alle zwei Wochen der Rheinischen Post bei."
Zur Zielgruppe sollen laut Boogie Medien, die "[..]aktiven, kommunikativen 30-39jährigen gehören. Das medienübergreifende Produkt bietet durch seinen crossmedialen Ansatz attraktive Werbemöglichkeiten in Print und Online."
Die Frage, die sich mir stellt ist, ob eine Printausgabe von Bloginhalten tatsächlich noch den Geist des Bloggens - Vernetzung, hohe Aktualität, Glaubwürdigkeit, Authenzität und Originalität wiedergeben kann?
Nach Aussagen von Volker Pfau, Chefredakteur der Online Redaktion der RP/Opinio, unterstützt die Redaktion die registrierten Autoren in Form einer kleinen "Schreibwerkstatt". Diese behält sich auch das Recht offen, bestimmte Artikel nicht zu veröffentlichen, die gegen ethische oder moralische Grundsätze oder das Gesetz verstossen. Autoren erhalten bei Veröffentlichung ggf. ein "kleines Autorenhonorar".
Unter der Gesamtleitung von Torsten Casimir, verantwortlich für das Ressort Kultur bei der RP, gelangen die Online-Artikel schließlich in das Printmedium. Dabei will man thematisch nicht auf die klassische Agenda oder die üblichen Nachrichtenfaktoren setzen, sondern sich von den Beiträgen der Blogger leiten lassen. Natürlich bestimmt auch die Anzahl der Online-Leser pro Artikel, ob ein Beitrag in das Printmedium gelangt - ist aber nicht ausschlaggebend. Zu den Kriterien für die Auswahl durch die Redaktion der RP zählen neben der Authentizität auch die Originalität der Beiträge und die Attraktivität.
"Von Interesse sind für uns vor allem Spezialthemen", so Oliver Bargfeld, der Projektleiter. "Wir versuchen eine Art Community Building mit Opinio-Online zu erreichen, welche wir auch auf das Konzept des Printmediums übertragen möchten. Opinio soll die Neugierde der Leser wecken und eine cross-mediale Verbindung zwischen online und offline Medium darstellen", berichtet Dr. Casimir.
Redaktionell werden die Autorenbeiträge durch die RP-Redaktion begleitet, für Satz, Layout und Werbekunden zeigt sich die Hamburger Agentur Boogie Medien verantwortlich, die auch die Idee zu "Deutschlands erstem Leser-Magazin" hatte.
Trotz der euphorischen Äußerungen ist die Idee doch nicht ganz so neu. Ähnliche Ansätze finden sich auch bei NEON oder einem Experiment des Centers for Digital Technology Management in München. Gemeinsam mit der Universität in Berkley und Gogol Medien haben amerikanische und deutsche Wissenschaftler mit Studenten ein Weblog-Magazin erschaffen, bei dem die User selber über die Inhalte abstimmen. Das Blogger Gremium entscheidet auch, welcher Content in das Printmedium geht - fast komplett ohne Redaktion. Die Inhalte fließen sozusagen vom Weblog in die Printausgabe.
Doch was steckt hinter der Idee - Online-Inhalte auf Printmedien zu übertragen? Mit einer zunehmenden Ausdünnung der Redaktionen liegt der Verdacht nahe, "user-generated content" auch in klassische Medienprodukte wie TV und Print zu überführen, um Kosten zu sparen. Die Verlage sind auf der Suche nach neuen Erlösmodellen, um ihren Werbekunden die oben beschriebene kaufkräftige Zielgruppe der 30 - 39-Jährigen zur Verfügung zu stellen. Ist es evtl. der Versuch, eine den Printmedien inzwischen abtrünnig gewordene Leserschaft durch "involvement" zurückzuerobern? Oder dienen die "Laienjournalisten" als Paten für die Generierung neuer Themeninhalte? Die Zeit wird zeigen, ob solche Versuche wie die der RP und anderer Bestand haben werden und solche Konzepte tragfähig sind. Am 16. Februar erscheint die 1. Ausgabe von Opinio. Wir dürfen gespannt sein.
>> PR Blogger: Verlage verzichten oft auf Online-Potenziale